Die lebhafte und kontrovers geführte Diskussion über die Löschung der Ehrenbürgerschaft des ersten sowjetischen Kommandanten der Stadt Berlin nach Kriegsende 1945 Generaloberst Nikolai E. Bersarin aus dem 1992 vereinten Buch der Ehrenbürger Berlins fand erst im Jahr 2003 ein Ende. Berliner Bürgerinnen und Bürger engagierten sich in den 1990er Jahren für einen historisch gerechten Umgang mit dem Andenken an Bersarin. Sie schlossen sich zu einer „Interessengemeinschaft Bersarin (IG Bersarin) unter dem Dach des damals noch aktiven Vereins „Berliner Freunde der Völker Russlands e. V.“ zusammen. In einem Schreiben an die Redaktion der „Berliner Morgenpost“ vom 25.10.2000 begründete Gert Porsche, Jahrgang 1933, ehemals Ingenieur für Versorgungstechnik bei der Bewag (West-) Berlin sein Engagement mit folgenden Worten: „Als deutscher Patriot bemühe ich mich, nach dem Modell der deutsch/französischen Aussöhnung zur Verbesserung der deutsch/russischen Beziehungen beizutragen.“ Herr Porsche und seine Frau aus Steglitz sowie Herr Horst Herrmann aus Friedrichshain, Jahrgang 1928, im Frühjahr 1946 unter „Werwolf-Verdacht“ von einem Sowjetischen Militärtribunal zu 10 Jahren Haft verurteilt und zum Arbeitseinsatz in die Sowjetunion verbracht, waren als Zeitzeugen des Jahres 1945 die aktivsten Mitstreiter in der IG Bersarin. Im engen Kontakt zu den Töchtern Bersarins und deren erwachsene Söhne und Töchter in Moskau, aber auch zu Kampfgefährten Bersarins aus der 5. Stoßarmee, unterstützten die Mitglieder der IG Bersarin alle gesellschaftlichen und politischen Aktivitäten zur Widerherstellung der Ehrenbürgerschaft Bersarins durch die Stadt Berlin. Es war ein Akt der historischen Gerechtigkeit, Bersarin im Jahr 2003 wieder in die Liste der Berliner Ehrenbürger aufzunehmen. Ein Porträtfoto Bersarins nach einer Schwarzweißfotografie von Timofej Melnik ist Teil der Galerie der Berliner Ehrenbürgerinnen und Ehrenbürger. Neben vielen eigen Initiativen für Besuche der Enkeln Bersarins in Berlin, einem Schüleraustausch zwischen einer Moskauer Schule (an der die jüngere Bersarin-Tochter Irina als Lehrerin tätig war) und einer Berliner Schule, Treffen mit sowjetischen Kriegsveteranen in Berlin und Moskau und weiteren Veranstaltungen, wollten die Mitglieder der IG Bersarin niemals eine Form der „Heldenverehrung“ im Form eines Denkmals. Die IG Bersarin favorisierte eine schlichte und „lebendige“ Ehrung. So wurde die Idee der Pflanzung einer Birke zu Ehren Bersarins in der Nähe des Unglückortes vom 16. Juni 1945 geboren. Langfristig bereite die IG Bersarin unter Federführung von Gerd Porsche, Horst Herrmann Dr. Lutz Prieß und Dr Sonja Striegnitz dieses Vorhaben in Vorbereitung des 60. Jahrestages des Unfalltodes von Nikolai E. Bersarin im Jahr 2005 vor. Durch eigenes Spendenaufkommen der IG Bersarin konnte eine Birke in den „Späth’schen Baumschulen“ in Berlin-Treptow erworben werden. Mit Unterstützung des Bezirksamtes Lichtenberg wurde ein geeigneter Platz für die Birke auf einer Rasenfläche an der Ecke Straße Am Tierpark/ Alfred-Kowalke-Straße in der Nähe des tödlichen Unfalls Bersarins am 16. Juni 1945 gefunden. So wie das ganze Wirken der IG Bersarin parteiübergreifend ausgerichtet war, suchte auch die IG Bersarin parteiübergreifend nach Partnern, die die öffentliche Aktion der Birkenpflanzung unterstützen würden. Es konnten drei Persönlichkeiten gewonnen werden, die mit kurzen Ansprachen das Gedenken an Bersarin in den Mittelpunkt stellten: das waren Frau Christina Emmrich, Bezirksbürgermeistern von Berlin-Lichtenberg, Dr. Peter Jahn, Leiter des Deutsch-Russischen Museums Berlin-Karlshorst und Elmar Pieroth, Senator a.D. und Vorsitzender des Vereins Most-Brücke von Berlin nach Mittel- und Osteuropa e.V. Die Veranstaltung wurde „umrahmt“ von den Motorrädern der Motorradmänner Berlinskaja Brigada, dem Lyriker Bert Pimpernuss und der Bildhauerin Franziska Schwarzbach, die ihre Idee eines Bersarin-Denkmals vorstellte. An der Veranstaltung nahmen auch Lichtenberger Schülerinnen und Schüler teil. Die Tageszeitung „taz“ befand in ihrer online-version vom 16. 6. 2005: „Das heutige Gedenken ist das größte seit 15 Jahren. Bersarin hat es verdient.“ Seit 2005 ist die „Bersarin-Birke“ ein weiterer Ort des Gedenkens an Nikolai E. Bersarin in Berlin, ohne jedoch den Rang eines Denkmals zu haben. Lutz Prieß, ehemaliger Sprecher der IG Bersarin, Sprecher des Arbeitskreises 8. Mai BDWO e. V. von l.n.r: Mitglieder der IG Bersarin und Initiatoren der Bersarin-Birke: G. Porsche, S, Striegnitz, H. Herrmann, L. Prieß Bitte lesen Sie auch den Text „Generaloberst Nikolai E. Bersarin, 24. April-16. Juni 1945. Stadtkommandant von Berlin“ auf unserer Seite in der Rubrik „Gedenken“
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