Arbeitskreis 8. Mai des BDWO e.V.
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Wege zueinanander, miteinander

Menschen, Kultur und Geschichte, die mein Leben prägten

26/3/2020

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Sabine Schott, 2020

Bild1973 im Kreml
Sabine Sch., Jahrgang 1956, ist nach einem turbulenten Arbeitsleben heute aktive Rentnerin. Sie lebt in Sachsen.
 
Ich wurde in eine Familie hineingeboren, die mit Interesse und Neugier alles beobachtete, was in diesem großen Land im Osten geschah. Meine Eltern beobachteten die Sputniks am Sternenhimmel, hörten sonntags Schallplatten mit Tschaikowskis Musik, lasen viel und machten 1962 ihre erste Reise in die Sowjetunion, von der sie mir zauberhafte und so andersartige Spielsachen mitbrachten: eine Matrjoschka und eine Kosmonautenpuppe.
Das erste Mal begegnete mir ein Russe, als ich ein Foto mit dem lächelnden Kosmonauten Juri Gagarin nach seiner Erdumrundung sah. Ihn würde ich später auf jedem Zeitungsfoto, im Kino- Augenzeugen und im Fernsehen wiedererkennen. Meine Bewunderung galt ihm und seinen Kollegen, die in meinen Augen immer neue Abenteuer bestanden. In der Schule freute ich mich auf den Russischunterricht. Unsere junge, gerade vom Studium gekommene Lehrerin bemühte sich, uns die Sprache mit ihren fremden Lauten und fremdartigen Buchstaben näher zu bringen. Und obwohl mir Schreiben immer schwerfiel, machte mir Russischlernen Spaß und es wurde eines meiner Lieblingsfächer. Märchen, Kinderbücher von Arkadi Gaidar, russische Klassiker, Romane über den Großen Vaterländischen Krieg und über den Alltag nach dem Sieg gehörten zu meinem Leben.
Die Kino-Tage des Sowjetischen Film waren für mich nicht nur schulische Pflichtveranstaltung. Ich habe die Möglichkeit genutzt, kostenlos die neuesten Filme sowjetischer Produktion zu sehen und es waren bemerkenswerte Filme dabei: „Im Morgengrauen ist es noch still“, „Die allerschönsten Schiffe“, „Moskau, meine Liebe“ aber auch „Iwan Wassiljewitsch wechselt den Beruf“.
1968 bekam ich von einer Moskauer Freundin meiner Eltern die Adresse eines Mädchens, die  gerne eine Brieffreundschaft beginnen wollte. So schrieb ich einen ersten Brief, und damit begann eine innige Beziehung, die bis heute hält. Dann, 1973 in den Sommerferien, nahmen mich meine Eltern auf die Reise in die Sowjetunion mit. Unsere Ziele waren Moskau und Minsk. Es war meine erste große Auslandsreise und die Erinnerungen sind noch ganz wach. Aber was mich bis heute besonders bewegt, ist der erste Besuch bei meiner Brieffreundin Swetlana und ihrer Familie. Mit Hilfe unserer Reiseleiterin hatten wir uns telefonisch angemeldet, sie setzte uns in ein Taxi und los ging´s zum Leninprospekt, wo Sweta mit ihrer Familie in einer Gemeinschaftswohnung lebte.
Aufgeregt klingelten wir, die Tür öffnete sich, und von diesem Augenblick an hatten sie uns in ihre Familie aufgenommen und wir konnten zum ersten Mal erleben, was bedingungslose und herzliche Gastfreundschaft bedeutet. Der Tisch bog sich unter den Speisen, es wurde viel gelacht, unser Russisch war nicht perfekt. Sweta lernte Englisch. Aber es wurden Trinksprüche ausgebracht, und wir erzählten von unseren Leben, und es war, als würden wir uns schon immer kennen.
Es war schwer, sich wieder zu trennen, aber wir wussten von da an, unsere Freundschaft hält und wir würden uns wieder begegnen!
Und so kam es auch. Es folgten viele Reisen: mit Jugendtourist, mit einem Freundschaftszug der FDJ oder privat mit Flugzeug oder Zug. Ob in Moskau, Leningrad, Wolgograd, auf der Krim, überall wurden wir auch an die Schrecken des Zweiten Weltkrieges erinnert. Gerade in Wolgograd konnte man 1979 noch die Wunden des Krieges sehen. Auf dem Piskarjowskoje Gedenkfriedhof in Leningrad konnte ich stumm verweilen, und in der neuen Gedenkstätte in Moskau auf dem „Verbeugungsberg“ standen wir fassungslos vor den Tausenden von Bänden, in denen jeder einzelne Name der in diesem mörderischen Krieg Gefallenen verewigt ist. Welch unmenschliche Mühe und welch unermessliches Leid verbergen sich hinter diesen Millionen von Namen! So etwas darf sich doch nie wiederholen! Deshalb gab es auch an jeder Festtafel den Toast “Auf den Frieden!“. Das mag sich vielleicht pathetisch anhören, für einen Deutschen, der im Frieden geboren und aufgewachsen ist. Ist es aber nicht in einer Welt, die so gar nicht friedlicher geworden ist. Gerade eben noch wurden deutsche Panzer hier in der Nähe für ein NATO-Manöver an der russischen Grenze verladen.
So könnte ich immer neue Gedanken und Erinnerungen aufschreiben, die sich einstellen,
während ich versuche, das Wesentliche in meinem Verhältnis zur Sowjetunion bzw. Russland
niederzuschreiben. Es gibt einige Länder, die ich besucht habe und die mir besonders nahe sind. Aber Russland und die Begegnungen mit den Leuten, der Kultur und Geschichte haben mein Leben am tiefsten geprägt. Lieder, Sprichwörter, Bücher, Sitten und Gebräuche habe ich in mein
Leben aufgenommen und gehören bis heute zu mir, genauso wie der Kontakt zu meiner Freundin Sweta und ihrer Familie.
Für mich ist der 8. Mai ein Feiertag. Unvorstellbar, was aus der Welt geworden wäre, wenn die Völker der Sowjetunion und ihre Verbündeten nicht den braunen Terror besiegt hätten.
 


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