Arbeitskreis 8. Mai des BDWO e.V.
  • Aktuelles
  • Wir über uns
  • Erzählungen
  • Gedenken und Erinnern
  • BDWO e.V.
  • Kontakt
  • Aktuelles
  • Wir über uns
  • Erzählungen
  • Gedenken und Erinnern
  • BDWO e.V.
  • Kontakt

Wege zueinanander, miteinander

Erlebnisse mit sowjetischen Freunden

15/12/2019

0 Comments

 

Karl Diedrich 1976

Karl Diedrich, Jahrgang 1941, war Stahlschiffsbauer
 
Es war während einer Reise in den siebziger Jahren nach Kislowodsk. Ich war der Reiseleiter einer 35 Personen starken Reisegruppe, und die Temperatur betrug 36° Celsius.
Kaum waren wir ausgestiegen, da kam Katja, unsere Reiseleiterin, direkt auf mich zu.
Wir haben ein Problem, meinte sie, ich habe nur 8 Doppelzimmer und 9 Einzelzimmer und ich benötige sofort die Belegung für das Hotel.
Die Reisenden standen ca. 30 Meter von uns entfernt in der Sonne. Ich muss es mir überlegen, sagte ich zu Katja. Ich hatte ja noch 30 m Zeit… Ein junges Hochzeitspaar reiste mit, alles andere waren junge Ehepaare, kernig, gesund, verliebt. Wie sollte ich die Ehepaare jetzt zu getrennten Zimmern Überreden? Ein Blick zu meiner Frau, sie nickte, und zwei Einzelzimmer waren schon mal vergeben.
Ich erklärte den Reiseteilnehmern das anstehende Problem.
Jetzt nicht aufhören zu reden, dachte ich, und keinem die Gelegenheit bieten, sich vorzudrängeln. Ich hatte noch ein Aß im Ärmel, das verständnisvolle Mitgefühl der Ehefrauen mit dem jungen Hochzeitspärchen, das unbedingt mit einem Doppelzimmer zu versorgen war, hatte doch die Oma die Reise bezahlt - mit der Hoffnung auf ein Enkelkind. Alle Ehefrauen stimmten zu, niemand wollte dem jungen Glück im Wege stehen.
Nun schaute ich mich im Kreise meiner Reisegruppe um. Ich begann, die Schönheit der schwarzäugigen Russinnen hervorzuheben, dabei aber auch die braungebrannten, langhaarigen, athletischen Männergestalten zu preisen. Ganz wie nebenbei erwähnte ich, dass ich nur ein paar Doppelzimmer, jedoch eine Vielzahl von Einzelzimmern zur Vergabe hätte. Ich schaute die Männer auffordernd an und sagte: „Das mit den hübschen Mädchen habe ich voller Ernst gesagt, wenn mir jemand zuzwinkert, bekommt er ein Einzelzimmer, das gilt auch für die Ehefrauen.“
Ich weiß nicht, was es war, aber ehe ich mich versah, hatte ich alle Zimmer verteilt. Wir schritten alle schnell zum Hotel, um aus der Sonne zu kommen. Da bemerkte ich, dass sich mir zwei Arme um den Hals legten und mir Katja einen Kuss aufschmatzte. Meine Frau lachte und nickte mir zu, mit der Aussage, ich hätte der Katja aus einer großen Verlegenheit geholfen.
Dann bezogen wir die Einzelzimmer. Ich meins am Anfang des hundert Meter langen Flures,
meine Frau ihres am Ende. Da wir beide nur einen Koffer hatten, war ich in meinem Zimmer ohne Waschzeug, Schlafanzug und all das andere notwendige Reisezubehör. Das Bett hatte eine Breite von knapp 60 cm, das war schon für eine Person sehr knapp. Ich einigte mich mit meiner Frau, trotz der Enge zusammen zu schlafen. Gesagt - getan. Irgendwann sagte die Deschurnaja (die Etagenverantwortliche), ich möchte zum Hoteldirektor kommen.
Der Hotelchef saß an einem riesigen, geschnitzten, mit vielen Papieren und Krimskrams bedeckten Mahagonischreibtisch und trug ein mürrisches, lehrerhaftes Gesicht zur Schau.
Was war passiert?
„Genosse, die Frauen haben mir erzählt, du schläfst bei anderen Frauen, dein Bett ist nicht benutzt. Ich bin für die Moral im Hotel zuständig und erwarte, dass du nun wieder in deinem Bett schläfst.“ Ich war nicht nur erstaunt, ich war überrascht, ob dieser Forderung nach Sitte und Moral.
„Werter Genosse Direktor, wenn ich als Reiseleiter nach der Reise wieder in die DDR komme, werde ich von der kommunistischen Moral und Sitte in der Sowjetunion berichten. Ich freue mich, solchen moralischen Menschen begegnet zu sein, welche sogar den Genossen Lenin noch in den Schatten stellen.“ Als ich fertig war, schaute er mich lange ganz ruhig an. Dann begann er zu lachen, streckte mir die Hand hin, schüttelte diese kräftig. Den starken Redeschwall verstand ich nur mäßig. Er holte aus einem großen Büroschrank (passend zum Schreibtisch) Sekt und Wodka heraus und stellte Gläser mit Keksen auf den Tisch. Daneben standen georgische Süßigkeiten. Ich weiß nicht mehr, wie lange wir uns zugetrunken hatten. Die Sekretärin kam mit starkem Kaffee und setzte sich zu uns. Sie sprach besser Deutsch als ich Russisch, und wir klärten wir den Sachverhalt des „Fremdschlafens“ auf.
 
 
0 Comments



Leave a Reply.

    Autoren

    Alle
    Bernd Meyer
    Bernd Muck
    Dieter Seeger
    Dr. Dieter Weber
    Dr. Helmut Domke
    Dr. Tatjana Weber
    Egon Förster
    Franz Kiesl
    Georg Scholz
    Hans-J. Kaufmann
    Hans-Jürgen Audehm
    Hartmut Winterfeldt
    Helga Schäfer
    Helmut Braunschweig
    Herbert Voß
    Hermann Strutz
    Karl Diedrich
    Manfred Grätz
    Margarete Elspaß
    Peter Voigt
    Peter Wanninger
    Petra Wunderlich
    Sabine Schott
    Siegfried Kohlmetz
    Siegfried Kuntsche
    Siegfried Von Bodecker
    Uta Winterfeldt
    Volker Jansen
    Waldemar Hickel
    Wilhelm Lange
    Willi Lauterbach

Impressum

Datenschutz

Kontakt

BDWO e.V. © 2019